Ein Soldatensender ist ein vom bzw. für das Militär betriebener Rundfunksender.
Inhaltsverzeichnis
1Allgemeines
2Bekannte Soldatensender
2.1Deutschsprachig
2.2Weitere
2.2.1Ehemalige
3Sender ausländischer Streitkräfte in Deutschland und Österreich
3.1Hörfunk, Stand 1954
3.2Fernsehen, Stand 1992
4Film
5Literatur
6Siehe auch
7Weblinks
8Einzelnachweise
Allgemeines
Ein Soldatensender kann einerseits der Unterhaltung und Information der eigenen Streitkräfte dienen (Truppenbetreuungssender). Im Krieg und Einsatz oder in einem fremden Stationierungsland soll er die „Moral“ der (kämpfenden) Soldaten erhalten und stärken und etwaige Zweifel am Sinn der Handlungen zerstreuen. Aus diesem Grund sind Grußsendungen ein wichtiger Bestandteil des Programms, weshalb er auch als „Brücke zwischen Front und Heimat“ bezeichnet wird.
Indirekt wirken Truppenbetreuungssender auch auf die Bevölkerung im Stationierungsland ein. So beeinflussten z. B. der amerikanische AFN und der britische BFN/BFBS durch ihr Musikprogramm und die Moderationsformen vor allem in den 1950er- und 1960er-Jahren die Musikkultur und Hörfunkpraxis in Deutschland. Viele Teenager hörten bevorzugt diese Soldatensender als Alternative zum vergleichsweise biederen deutschen Programm.
Andererseits kann er je nach Ausrichtung und Produzent aber auch für Propagandazwecke gegenüber fremden Soldaten oder Zivilpersonen benutzt werden (als „weiße“ Propaganda, die ihre Herkunft zu erkennen gibt, oder als „graue“ bzw. „schwarze“ Propaganda, die selbige zu verschleiern sucht). Es kann sein, dass ein Ziel der heute „operative Information“ genannten psychologischen Verteidigung (PSV) die gezielte Desinformation ist.
Schließlich gibt es auch vom Militär betriebene Sender, die ein allgemeines Programm für die eigene Bevölkerung veranstalten.
Neben dem inhaltlichen Aspekt sind mögliche Gründe für die Einrichtung von Soldatensendern die Entfernung vom Herkunftsland (die allerdings durch Satelliten- und Internetverbindungen eine immer geringere Rolle spielt) und die Zeitverschiebung, die ggf. andere Programmschemata erfordert als im Herkunftsland. Während des Zweiten Weltkriegs kamen als Truppenbetreuungssender oftmals mobile Sendeanlagen auf LKWs zum Einsatz.[1]
Bekannte Soldatensender
Deutschsprachig
Radio Andernach, Truppenbetreuungsradio der Bundeswehr (seit 1974)
Bundeswehr TV, Truppenbetreuungsfernsehen der Bundeswehr (seit 2010)
OEY 21, Schulungssender des österreichischen Bundesheeres (1981–90)[2]
Rundfunkbataillon 990 der Bundeswehr zur Information der Soldaten der NVA (Juni/Juli 1962 unter dem Decknamen „Westwind“, Juni/Juli 1963 unter dem Decknamen „Südwind“)[3]
Deutscher Soldatensender 935 der NVA zur pro-sozialistischen Information von Bundeswehrsoldaten (Oktober 1960 bis Juli 1972)
Soldatensender Belgrad, Soldatensender der Wehrmacht, der 1941 weltweite Bekanntheit erlangte mit der Ausstrahlung des Liedes von Lili Marleen
1942 Teil der Wehrmachtsendergruppe Südost; daneben: Wehrmachtsendergruppe West (Paris), Soldatenfunk Oslo[4]
Soldatensender „Martha“, mobiler Langwellen-Sender der Wehrmacht (der, über Polen aus dem Kaukasus zurückgekehrt und zum MW-Sender umgebaut, 1946 für den NWDR in Hannover-Hemmingen und, zum LW-Sender zurückgebaut, 1962/63 für den Deutschlandfunk in Mainflingen zum Einsatz kam)[5]
Radio Wolga (Радиостанция Волга), ehemaliges Truppenbetreuungsradio in Ostdeutschland (1945–1994; ab 1991 auch Sendungen auf Deutsch)
Sowinformbjuro (Совинформбюро), Nachrichtenagentur, die ab 1941 über den Kriegsverlauf berichtete
Sender ausländischer Streitkräfte in Deutschland und Österreich
Hörfunk, Stand 1954
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in Deutschland und Österreich Hörfunksender für die US-amerikanischen, britischen, kanadischen und sowjetischen Streitkräfte errichtet. Tabelle und Karte geben den 1954 erreichten Stand vor dem Abzug aus Österreich wieder. BFN nutzte ab 1956 nur noch UKW-Sender. Berlin bekam 1957 auch einen französischen Hörfunksender (FFB).
In Deutschland vermehrte sich die Zahl der Hörfunk- und es kamen Fernsehsender hinzu. Der erste amerikanische TV-Sender befand sich 1957 in Ramstein, der erste britische 1975 in Celle; es folgten belgische, französische, kanadische und sowjetische TV-Sender. Rechtsgrundlage für die westlichen Sender bildete Art. 60 Abs. 5 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut,[17] für die sowjetischen Art. 12 des Aufenthalts- und Abzugsvertrags[18] bzw. zuvor Art. 15 des Abkommens über Fragen, die mit der zeitweiligen Stationierung sowjetischer Streitkräfte auf dem Territorium der Deutschen Demokratischen Republik zusammenhängen.[19] Die Karte zeigt den Stand von 1992 vor dem Abzug der sowjetischen Streitkräfte. Bis in die 2000er-Jahre wurden alle Fernsehsender abgebaut. Soweit sich noch NATO-Streitkräfte in Deutschland befinden, erfolgt die TV-Versorgung über Satellit.
↑Bernd-Andreas Möller: Rundfunksender auf Rädern: die fahrbaren Rundfunksendeanlagen der Deutschen Reichspost in den Jahren 1932 bis 1945. Walz, Idstein 2003 (Inhaltsverzeichnis, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
↑OEY 21 – Schulungssender des Österreichischen Bundesheeres
↑Dirk Drews: Die Psychologische Kampfführung/Psychologische Verteidigung der Bundeswehr (2006), S. 220
↑Derrick Sington, Arthur Weidenfeld: The Goebbels experiment: a study of the Nazi propaganda machine. Murray, London 1942, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
↑Heinrich Brunswig in: Joachim-Felix Leonhard (Hrsg.): Medienwissenschaft: ein Handbuch zur Entwicklung der Medien und Kommunikationsformen, 2. Teilband (2001), S. 1394; ratzer.at: 50 Jahre Deutschlandfunk